Kein Karnevalsscherz: Ich kann mich nicht erinnern ...

Bildung & Forschung


Blickt irritiert in die Welt der Zukunftsforschung: Dirk Hartwich, Bildungsobmann der Rhader SPD

Ein (unheimlicher) Blick in die Zukunft

Heute: Ich treffe zufällig einen Bekannten, tausche belanglose Freundlichkeiten aus – das war’s. 

Morgen: Ich treffe zufällig einen Bekannten, meine Kamera in der Brille erkennt ihn sofort und spiegelt mir parallel auf die Netzhaut: Name, Datum des letzten Treffens und Inhalt des belanglosen Gesprächs.

Zukunftsfantasie? Seit Jahren wird in Übersee und Europa genau daran geforscht, unser Gehirn mit einem externen Speicher leistungsfähiger zu machen, Vergesslichkeit zu minimieren und Vergangenes zu jedem Zeitpunkt präsent zu haben.

In den USA ist es Professor Thad Starner, der die Google Brille mit seinem System kommunizieren lässt, das mit einer 5-Finger-Tastatur in der Hosentasche gesteuert wird und jede Begegnung aufzeichnet und speichert. Seit Jahren! „Die Erweiterung meines Gehirns“, so seine Bewertung.

In Dublin (Irland) forscht Professor Cathal Gurrin, ebenfalls seit Jahren, an dem gleichen Thema, hier Lifelogging genannt. Seine Brillenkamera macht pro Minute 2 Fotos, außer wenn er schläft. Gurrin: „Unser lausiges Gedächtnis speichert so schlecht, wir werfen alles durcheinander, wir vergessen – das, was wir im Kopf haben, ist nicht die Realität.“

Das soll unsere Zukunft sein? Nicht wenige Leser, wie auch der Unterzeichner dieser Geschichte, schütteln sicherlich jetzt den Kopf und fragen sich, ob diese Aussicht unser Leben reicher macht.

Dirk Hartwich

Quelle: ZEIT, Nr. 4, 21.01.2016, Ressort Wissen: Die perfekte Erinnerung von Eva Wolfangel

 
 

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