Von Filmen und Suppen Kommunalpolitik
Von Tobias Seidel - Sprecher der Jusos-Dorsten
In letzter Zeit kommt es mir zunehmend so vor, als sähe ich einen verflucht schlechten Film. Einen „falschen Film“, sagt man auch im Volksmund. Lassen sie mich ihnen den groben Handlungsstrang des Filmes erklären, der sich - für mich - der allgemeinen, logischen Realität entzieht:
Es war einmal eine Stadt, die den Namen Dorsten trug. Die Finanzen dieser Siedlung waren – arg schonend formuliert – stark angeschlagen. Die Haushaltskasse war gnadenlos überschuldet und voraussichtlich würde es nicht besser werden, sollte sich kein Bürgermeister, keine Landes - und keine Bundesregierung darum kümmern.
Eines Tages nahm sich eine neu gewählte Landesregierung endlich dem Problem an und begann es mit finanziellen Mitteln aus der Landeskasse zu bekämpfen. Diese Mittel wurden selbstverständlich nicht verschenkt, schließlich waren die Menschen damals nicht dumm. Sie waren mit bestimmten Sparmaßnahmen verbunden, die die Stadt Dorsten zur Konsolidierung des eigenen Haushalts umsetzen musste: Ein erster Ansatz in Richtung finanzielle Handlungsfähigkeit.
Trotzdem machte das den alten Bürgermeister traurig, denn von nun an konnte er seinen Bürgern nichtmehr nur frohe Botschaften verkünden: Er war dazu gezwungen, auf bestimmte wichtige Sachen für seine Bürger in seiner Stadt zu verzichten. In diesem Moment hielt er seine Haushaltsrede. Zusammengefasster Inhalt:
- Wir, die Politiker, haben ein Problem.
- Die Stadt ist pleite.
- Ich bin der erste, der hier die Wahrheit sagt.
- Fraglich ist, ob wir an diesen Problemen nicht scheitern werden.
- Ich hoffe, die Bürger werden uns nicht allzu sehr bestrafen.
Ende des Films. Am dramatischen Punkt, wo der Held durch eine Rede hätte Aufbruchsstimmung erzeugen müssen, verpatzte es der Drehbuchautor wohl, der Geschichte etwas Pfiff zu geben.
Die Rede des Bürgermeisters ist kein Appell zur großen Problembewältigung. Sie deprimiert. Zudem kein Wort über Bürgerbeteiligung. Zusammen mit wem will der Bürgermeister das wohl größte Problem derzeit lösen? Mit dem lieben Gott? Der CDU mag das vielleicht reichen, aber die Realität sieht anders aus.
Statt in seiner wichtigen Rede eine Ankündigung zu machen, in der er sagt, dass die Bürger demnächst mit ins politische Boot geholt werden müssen, um dieses Problem zu lösen, hat seine Art und Weise, davon zu berichten, wie viel Unheil die Stadt überkommen wird, dass die Politiker es mit den Entscheidungen schwer haben werden, dass nur die Politiker diese Entscheidungen treffen können werden, dass der Bürger nichts mehr gegen diese von ihm hoch gelobte, ehrliche Wahrheit tun kann, eine sehr abschreckende Wirkung.
Der Bürgermeister tut eines nicht, was entscheidend ist, um solche Krisen zu überwinden: Er traut seiner Stadt und den Bürgern Dorstens nicht zu, sich dem Problem anzunehmen. Stattdessen säht er nicht nur Wahrheiten, sondern auch starke politische Depression.
Er hat Angst vor Empörung der Bürger. Könnte die durch Bürgerbeteiligung vermieden werden? Er hat Angst vor sehr großer Verantwortung. Könnte auch das durch Bürgerbeteiligung vermieden werden?
Wenn man den Bürger miteinbezieht, lässt man ihn die Prioritäten setzen. Das ist genau der Weg, den man gehen muss, um Krisen auch gesellschaftlich zu überstehen.
Es geht nun darum, ohne Parteitaktische Intention für mehr Demokratie in Dorsten zu werben. Die gesamte Entscheidungsgewalt bei sich zu lassen und gleichzeitig seine eigenen Taten zu verteufeln ist gewiss nicht der richtige Weg.
Der Bürgermeister muss die Bürger sich die Suppe selber kochen lassen, anstatt ihnen eine vorgekaute Variante aufzutischen.