Von überwundener Heimarbeit zu aktuellem Home – Office

Arbeit und Wirtschaft

Fort- oder Rückschritt?

 

Es waren SPD und Gewerkschaften, die 1906 mit einer großen Ausstellung in Berlin die Ausbeutung und das Elend der weit verbreiteten Heimarbeit anprangerten. Um etwas dazuzuverdienen oder überhaupt den Lebensunterhalt bestreiten zu können, verwandelten viele Familien ihre in der Regel kleine Wohnung in eine Art „Produktionsstätte“. Damit sich das Arbeiten  überhaupt einigermaßen auszahlt, mussten Kinder und Senioren mit anpacken. Dazu kam die komplette Abhängigkeit gegenüber den Auftraggebern. „Zu wenig zum Leben, zu viel zum Sterben“, so lässt sich die Situation vor 100 Jahren gut beschreiben. Die SPD darf sich auf ihre Fahnen schreiben, das Unrecht erfolgreich bekämpft zu haben. Die Heimarbeit ist, bis auf wenige Ausnahmen, Geschichte. Wenn jetzt aber die Heimarbeit wieder durch die Hintertür mit neuen Begriffen wie Digitalisierung nicht nur übergangsweise eingeführt wird oder werden soll, müssen klare Regeln des Arbeits- und Tarifsrechts dafür sorgen, dass sich nicht eine neue Ausbeutungswelle für abhängig Beschäftigte bildet. Ein Computer in der Küche ersetzt kein funktionsgerechtes Arbeitszimmer und keine lebensnotwendigen Sozialkontakte außerhalb der eigenen vier Wände. Hubertus Heil ist ein sehr guter sozialdemokratischer Arbeits- und Sozialminister. Home-Office klingt modern, zeitgemäß und fortschrittlich, kann aber auch zum Rückschritt mutieren.

 

Ein Zwischenruf aus Rhade

 
 

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