Rendite statt kleine Miete - Gastbeitrag von Dr. Hans-Udo Schneider

Gesellschaft

Skrupellose Immobiliengesellschaften müssen endlich durch Politik und Justiz gestoppt werden

Vor zwanzig Jahren begann ein bis dato beispielloser sozialer Kahlschlag. Bund, Land, Kommunen, Bahn und Post verkauften ihre Wohnungsbestände und privatisierten ihre Wohnungsbaugesellschaften. Hundertausende Sozialwohnungen wechselten den Besitzer. Den Mieterinnen und Mietern sollte es nicht schlechter gehen, so das Versprechen. Kritische Stimmen wurden ins Abseits gestellt.

Zieht man heute Bilanz, dann sind die schlimmsten Befürchtungen noch übertroffen worden: Ständig steigende Mieten, häufige Eigentümerwechsel, mangelhafte Sanierung und Instandhaltung, fehlende Betreuung, Nötigung, Angst vor Kündigung, Abfindungen für Menschen mit alten Mietverträgen, um Häuser leer zu bekommen für eine Sanierung und den späteren Verkauf zu Höchstpreisen. All das passiert nicht irgendwo, sondern auch in unserer Nachbarschaft, hier in Dorsten. Die Folgen: Der Bestand an Sozialwohnungen ist in den letzten 20 Jahren mehr als halbiert worden. In vielen Städten haben Normalverdiener kaum noch eine Chance, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Zu allem Überdruss kommt jetzt noch eine Krise im Bausektor hinzu, verursacht durch hohe Zinsen, steigende Grundstückspreise und Lieferengpässe.

Der katholische Sozialethiker, Prof. Bernhard Emunds, geht der Sache auf den Grund und nennt die eigentlichen Ursachen: „In dem Kapitalismus, den wir jetzt haben, wird der Staat gedrängt, reichen Leuten und großen Konzernen gute Gewinnchancen zu bieten, den Unternehmen möglichst wenig Grenzen zu setzen, hohe Einkommen und Vermögen kaum zu besteuern.“ In diesem System spielen die Interessen der Mieter keine Rolle.

Um Heuschrecken und Miethaie im Wohnsektor zu verhindern, bedarf es klarer und damit einklagbarer Regelungen, die Mieterinnen und Mieter als Bürgerinnen und Bürger eines Sozialstaates anerkennen und nicht zu Objekten der Ausbeutung machen.

Was ist zu tun?

  • Die Wohnkrise ist in erster Linie eine Bodenkrise. Grund und Boden sind nicht vermehrbar. Die Grundstücksspekulation, Wucher und uferlos steigende Grundstückspreise müssen deshalb zuallererst durch Grundsteuern und Bodengesetze beendet werden. Ohne diese Maßnahme ist alles andere nur „Herumdoktern“ am Symptom. Der Oberbürgermeister von München und spätere SPD-Vorsitzende Jochen Vogel, hatte dies bereits in den 70iger Jahren gefordert. Leider ohne Erfolg.
  • Wir brauchen den vermehrten Bau von Sozialwohnungen. Kein neues Baugebiet ohne verbindlichen Beschluss, dass mindestens 40 Prozent der neuen Wohnungen als Sozialwohnungen gebaut werden.
  • Die Aufhebung der Sozialbindung nach 15 oder 20 Jahren muss beendet werden.
  • Staatliche bzw. gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften müssen ihr Engagement auf dem Wohnmarkt kontinuierlich ausweiten. Das stärkt den sozialen Frieden und kann zudem exorbitant steigenden Mieten entgegenwirken.
  • Um Heuschrecken und Miethaie im Wohnsektor zu verhindern, bedarf es klarer und damit einklagbarer Regelungen, die Mieterinnen und Mieter als Bürgerinnen und Bürger eines Sozialstaates anerkennen und nicht zu Objekten der Ausbeutung machen.
 
 

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