Wie die politische Wahrnehmung beeinflusst wird - Der Sonntagskommentar

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Wofür Schulz steht, wissen wir – aber wofür steht Merkel?

Legen wir mal die Parteibrille ab und versuchen zu verstehen, was in den letzten Monaten passiert ist. Martin Schulz warf seinen Hut in den Ring und wurde gefeiert. Alles lief glatt, bis einige Journalisten mit vergifteten Fragen begannen, die Stimmung zu drehen. „Eigentlich wissen wir nicht, wofür Schulz steht“. Obwohl der Kandidat vom ersten Tag seiner Kandidatur einen Fahrplan für alle Themenbereiche bis zur Bundestagswahl im September mitgeliefert hat, entwickelte diese Frage eine Eigendynamik, die begierig auch von den konkurrierenden Parteien aufgegriffen wurde. Martin Schulz geriet ohne eigene Schuld in die Defensive. Als die Umfragewerte begannen zu bröckeln, wurde nachgelegt. „Zeit für mehr Gerechtigkeit? Was heißt das denn?“ Als wenn er es nicht ständig erklärt hätte. Parallel wurde der SPD-Hoffnungsträger aus fast allen Medien verbannt, um dann süffisant zu fragen, „Wo ist eigentlich Schulz?“ Wenn lange genug auf dieser unfairen Klaviatur gespielt wird, bleibt etwas in den Köpfen hängen. Dann sind die gesunkenen Umfragewerte fast schon eine logische Folge dieser indirekten Beeinflussung durch einige Medien. Pauschale Journalistenschelte ist absolut fehl am Platz. Wer aber das gute Recht für sich beansprucht, zu kommentieren, zu kritisieren und zur Meinungsbildung beizutragen, muss sich auch Fragen nach journalistischer Fairness gefallen lassen. Um es auf den Punkt zu bringen: „Martin Schulz und die SPD können und müssen noch besser werden, aber die Maßstäbe, die an ihn und die Sozialdemokraten zur Zeit angelegt werden, sollten auch für andere Politiker und Parteien gelten. Wofür steht denn Merkel eigentlich? Reicht wirklich der Satz: „Sie kennen mich“, um kritiklos die nächste Kanzlerkandidatur zu bestreiten?

Der Sonntagskommentar aus Rhade von Dirk Hartwich 

 
 

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