Anspruch und Wirklichkeit - Erste Absichtserklärungen erzeugen Fragezeichen
Die deutsche Landwirtschaft blickt sorgenvoll nach Berlin. Ein Fachminister ohne Stallgeruch. Geht das überhaupt? Und dann noch von den Grünen. Lassen wir einmal die Vorurteile beiseite und versuchen, auch Cem Özdemir mindestens eine 100-Tage-Frist einzuräumen, um erkennen zu können, wohin der Weg der deutschen Landwirtschaft gehen soll. Seine ersten Ankündigungen sind fast wortgleich mit denen seiner Vorgängerin Julia Klöckner. Wir brauchen mehr Tierwohl und größere Wertschätzung aller landwirtschaftlichen Produkte. Sprich, angemessene, also höhere Preise. Blicken wir nun auf den globalen Markt, der knallhart auf Angebot und Nachfrage reagiert. Und hier besonders auf den Schweinemarkt. Unsere Bauern produzieren Mengen, die nur im Export abgesetzt werden können. 2020 waren es 1,3 Millionen Tonnen! Schweinefleisch, das in die weite Welt geliefert wurde. China ist, besser war, ein Großabnehmer. War, weil die afrikanische Schweinepest das internationale Geschäft einbrechen ließ. Die Folge: Das Angebot in Deutschland ist deutlich größer als die Nachfrage, der Preis rutscht in den Keller. Der neue Landwirtschaftsminister müsste jetzt den Bauern erklären, weniger zu produzieren. Er müsste vielleicht auch sagen, dass es zu viele Schweinezuchtbetriebe in Deutschland gibt. Und dass das in aller Munde befindliche Tierwohl mehr Platz im Stall erfordert. Das alles hat er noch nicht gesagt. Sein gut gemeinter Einstieg in das neue Amt, mehr Wertschätzung, mehr Tierwohl, höhere Preise für Nahrungsmittel, lassen sich aber nicht verordnen. Der Markt entscheidet. Auch morgen noch.
Ein Rhader Zwischenruf in Richtung neue Bundesregierung