Einmal Ossi, immer Ossi? - Einmal Türke, immer Türke?

Gesellschaft

Wahlverhalten könnte auf fehlende Wertschätzung deuten

Ungläubig blicken wir auf das aktuelle Wahlergebnis in der Türkei. Ungläubig blicken wir auch in die neuen Bundesländer und auf die dortigen aktuellen Wahlumfragen. Ein türkischer Autokrat wird wiedergewählt, weil die in Deutschland lebenden Türken ihn mit großer Mehrheit „lieben“. In den neuen Bundesländern deuten Umfragen darauf hin, dass bei den nächsten Wahlen die Mehrheit der dort lebenden Deutschen eine Partei am äußersten rechten Rand wählen könnte. Warum tun die das? Warum wählen Türken, die  hier leben, integriert sind und alle Vorzüge der liberalen Demokratie schätzen und nutzen, einen Politiker, der in seinem Land Menschen jahrelang einsperrt, weil sie anders denken? Warum wählen Deutsche, die 1989 halfen, die undemokratische DDR zu beseitigen, in großer Zahl eine Partei, die die verfassungsgemäße Demokratie so buchstabiert, dass Minderheitenschutz nicht stattfindet und nationale, fast vergessene Töne laut vernehmbar sind? Ist es ein gepflegter Minderwertigkeitskomplex? Ist es Provokation gegen die da oben? Vielleicht trifft der Begriff „unzureichende Wertschätzung“ am ehesten zu. Wahr ist nämlich, das „der Türke“und „der Ossi“ bei uns „im Westen“ nach wie vor einen zarten Negativreflex auslösen. Und genau hier setzen der Autokrat in Ankara und die Rechtsaußenpartei in Deutschland an. Beide umgarnen die genannten Wählergruppen mit besonderer Aufmerksamkeit. Dabei verstärken sie geschickt das Gefühl, nicht genügend beachtet, also wertgeschätzt zu werden. Vielleicht aus unserer Sicht ein Grund, das irritierende Wahlverhalten etwas zu verstehen. Eine Lösung des Problems ist das nicht.

Wochenendgedanken aus Rhade

 
 

WebsoziCMS 3.9.9 - 004615052 -