Gelsenkirchen ist nicht überall – aber es rückt näher (Teil 2)

Gesellschaft

Mit krimineller Energie an Kohle kommen - oder wie der Staat ausgetrickst wird  

Gelsenkirchen hat nicht nur den erfolgreichen S04, sondern auch scheinbar unüberwindbare Probleme. Der Strukturwandel hat hier offene Wunden hinterlassen, die nicht heilen wollen und dazu noch „Glücksritter“ der besonderen Art angezogen. Es sind überwiegend Immobilenfirmen mit türkischen Wurzeln, die leerstehende Mehrfamilienhäuser, sogenannte Schrottimmobilen, „für nen Appel und en Ei“ ersteigern und gerne mit osteuropäischen EU-Bürgern belegen. Die Wochenzeitung DIE ZEIT hat in einem aufsehenerregenden Dossier aufgezeigt, wie unser Staat systematisch ausgenommen wird und die einheimische Bevölkerung ans Auswandern denkt. Ist Gelsenkirchen ein Einzelfall? Gibt es in Rhade und Dorsten inzwischen ebenfalls erste Anzeichen für eine nicht mehr zu steuernde Entwicklung? Erste Rückmeldungen auf den ZEIT-Artikel, der mehreren Bürgern der Lippestadt empfohlen wurde, deuten darauf hin. In einer kurzen eigenen Zusammenfassung zeigen wir die Erkenntnisse der Stadt Gelsenkirchen auf und schlagen eine konstruktive, nicht diskriminierende Diskussionsform über die offensichtlichen Lücken unsere Sozialgesetze vor: Stichwort Kindergeld:

  • Stichwort Kindergeld: Wer Kinder hat und gemeldet ist, hat Anspruch und erhält sofort das Kindergeld. Das „Wohnen“ in einer Schrottimmobilie ist auch der Eintritt ins Melderegister und damit die Voraussetzung für die Beziehung von Kindergeld. Die Kinder müssen übrigens nicht vor Ort leben, aber es muss sie geben. Selbst bis zu 4 Jahren rückwirkend gibt es einen legalen Anspruch auf Auszahlung. Gefälschte Geburtsurkunden, undurchsichtige Familienverhältnisse? Dass die Familienkasse, die in Bochum ihren Sitz hat und die Daten mit GE nur einmal jährlich abgleicht, häufig an der Nase herumgeführt wird, ist der Gelsenkirchener Verwaltung nicht unbekannt. Unsere guten Sozialgesetze werden so auch systematisch ausgenutzt. Klarer: Es wird so auch systematisch betrogen!
  • Stichwort Arbeitsverträge: Ohne Geld keine Bettstelle, keine Aussicht auf Besserung der Verhältnisse. GE hat eine sehr hohe Arbeitslosigkeit. Die neuen Jobsuchenden verdingen sich vielfach als Tagelöhner. Tatsächlich gibt es dafür sogar einen so genannten Arbeiterstrich. Ein neues Geschäftsmodell verspricht eine hohe Rendite. Es handelt sich um die Gründung von Scheinfirmen. Wieder sind es überwiegend türkisch- oder libanesisch stämmige „Unternehmer“, nicht selten Familienclans, die das System des deutschen Staates studiert haben und die Lücken als Einnahmequelle (aus)nutzen. Der Jobsuchende erhält einen (Schein)arbeitsvertrag. Als Minijobber auf 400 Euro-Basis, kann er damit ein Konto eröffnen und im Jobcenter eine Aufstockung, „Leistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes“, stellen und erhalten. Die Abkassierung durch den hilfsbereiten „Arbeitgeber“ erfolgt am Kontoautomaten.
  • Stichwort Einheimische: Wird ein leerstehendes Haus, wie geschildert, von heute auf morgen mit neuen „Nachbarn“ aus der Ost-EU bezogen, beginnt für die „Einheimischen“ in der Regel eine Minderung der Wohn- und Lebensqualität, die nicht selten in Unverständnis, Verzweifelung und politischer Radikalisierung endet. Selbst Gutmeinende scheitern nach kurzer Zeit, weil alle Versuche, in Einklang miteinander zu leben, in einer Sackgasse enden. Die Immobilienfirma nicht erreichbar, Ansprechpartner nicht auszumachen, Sprachbarrieren unüberwindbar, ständig wechselnde „Mieter“, eine Stadtverwaltung, die alles in ihrer Macht stehende tut, aber den Alt-Gelsenkirchenern ihre bisher gewohnte Ruhe und Sicherheit nicht wieder geben kann. „Ist das Wetter schlecht, kann ich es hier noch aushalten, weil die Neuen dann  in ihren Wohnungen hocken. Ist das Wetter gut, spielt sich das Leben bis spät in die Nacht auf dem Hof, der Straße und vor der Haustür ab. Viel Lärm und rücksichtslos“, so sinngemäß ein resignierter Rentner, der intensiv über den Wegzug nachdenkt. 

Dirk Hartwich (wird morgen mit den Stichworten Stadtverwaltung, GE-ein Einzelfall?, und Politik/Parteien/Abgeordnete fortgesetzt)

Grundlage dieser Zusammenfassung ist ein umfangreicher Bericht der Wochenzeitung DIE ZEIT, Nr. 37, 21. Juli 2016. Der Titel des Dossiers: Der Häuserkampf von Stefan Willeke.

 

 
 

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