Europa, wir kommen (2)
Kurt Tucholsky hat 1919 definiert, wie wir Satire zu verstehen haben. Die Verkürzung lautet „Satire darf alles“. Es gibt aber Grenzen, die nicht nur der gute Geschmack diktiert. Was ist zum Beispiel davon zu halten, wenn sich Abgeordnete ins EU-Parlament wählen lassen, Kohle kassieren, aber nichts tun und dann das als Politik verkaufen. Bevor wir jetzt auf Nigel Farage tippen, den Brexit-Agitator aus GB, sollten wir mal in die deutschen Parlamentsreihen blicken. Über DIE PARTEI haben es zwei Abgeordnete in das Europaparlament geschafft. Diese Gruppierung versteht sich als Satirepartei, will nicht ernst genommen werden. Mehrere Auftritte in der Heute-Show haben u. a. den Kabarettisten Nico Semsrott (34) tatsächlich nach Brüssel gespült. 2,4%, das sind fast 900.000 (!) haben diese "Partei", die keine sein will, 2019 in Deutschland gewählt. Und Nico Semsrott macht alles, um aufzufallen und nicht ernst genommen zu werden. Ausschusssitzungen besucht er nie oder selten, bei Abstimmungen orientiert er sich an der Fraktion der Grünen. Sein Wahlkreis sei das Internet, sein Erfolg die Klicks seiner „Anhänger“. Wichtig zu wissen ist, dass Nico Semsrott dafür monatlich fast 9.000 Euro brutto erhält Dazu ein Büro, eine Büroleiterin und weiteres Personal, um seine Pflichten als deutscher Abgeordneter wahrzunehmen. Pflichten? Wenn wir genau hinhören, vernehmen wir andauerndes lautes Lachen aus Brüssel.
Eigener Beitrag auf Grundlage des zweiseitigen ZEIT-Berichts „Ist das ein Witz – oder ein Politiker?" vom 25.Juni 2020